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Montag, 25. April 2024

100 Jahre Kristallweizen: Drei Männer schreiben Fanpost an die Erfinder

Schwäbische Zeitung: Paul Martin

Druckfrisch: Das Buch über 100 Jahre Kristall-Weizen. Unser Redakteur sieht es beinahe als kitschig an. Er kann dem Werk aber dennoch etwas abgewinnen. Und dem Bier erst.

Nein, ein kritisches Werk ist es nicht. Was Paul Sägmüller aus Bergatreute, Bernd Mauch aus Kißlegg und Martin Röther aus Friedrichshafen auf 78 vielbebilderten Seiten zusammengeschrieben haben erinnert mehr an Fanpost als an eine differenzierte Betrachtung. „Wahrlich ein Jahrhundert Bier“, heißt folgerichtig das Büchlein, das die drei Herren ihrem Lieblingsgetränk, dem Kristall-Weizen, gewidmet haben. 1924 soll es in Dürren bei Kißlegg erstmals gebraut worden sein. 100 Jahre später hält das hefefreie Weizen durch die Veröffentlichung in Sägmüllers Eigenverlag Einzug in die Literatur.

Nicht im Auftrag der Brauerei geschrieben

Werbung? Eine Auftragsarbeit? Beim ersten Durchblättern könnte man den Eindruck haben, eine Brauerei-Broschüre ist etwas zu dick geworden. Auf fast jeder Seite drängt sich dem Leser ein Farny-Logo auf. Das Vorwort kommt vom Brauerei-Chef Elmar Bentele. „Das ist aber unser Buch“, beteuern die drei Autoren. „Wir wollten uns beim recherchieren und veröffentlichen von niemandem reinreden lassen“, erklärt Bernd Mauch, der in Kißlegg Ortsheimatpfleger ist. Aber es hat offenbar auch niemand etwas dagegen, wenn das Büchlein „im Dürren“, sprich in der Brauereizentrale, gut ankommt.

Erste Erwähnung im Liebesbrief

Aber was steht nun drin? Zunächst einmal die verschiedenen Vokabeln mit denen das heutige Kristall-Weizen in den verschiedenen Jahrzehnten versehen wurde. In dem Liebesbrief, den Oskar Farny im Juli 1924 an seine Frau Elisabeth geschrieben hat und der von der Brauerei heute als erste urkundliche Erwähnung der Biersorte hergenommen wird, ist von „glanzhellem Weizenbier“ die Rede. Schon kurz darauf wurde für etliche Jahre der Name Champagner-Weizen verwendet, weil ein Gutachter der Uni Weihenstephan es so beschrieben hatte. Zahlreiche Werbeanzeigen aus den 20er Jahren bezeugen die Markteinführung des Champagner-Weizen, die heute in diesem Wortlaut nicht mehr erlaubt wäre: „hefefrei, daher bekömmlich“, hieß es 1926 im Waldseer Tagblatt.

Sekt-Bauern machen den Allgäuern einen Strich durch die Marketing-Rechnung

Doch nicht nur die Bezeichnung bekömmlich wurde aus der Bierwerbung inzwischen gestrichen. Schon Ende der 60er Jahre durfte nichts mehr, was nicht aus der französischen Champagne stammt, Champagner heißen. Auch kein Allgäuer Weizenbier. So wurde „Kristall-Weizen“ etabliert. Viele Jahre später legte sich Farny ein zweites Mal mit den Sekt-Winzern aus Frankreich an, wie Sägmüller schreibt. Ein mit Champagnerhefe gebrautes „Edel-Weizenbier“ sollte „Schampus“ heißen, was erneut verboten wurde. Es kam danach als „Schamprinus“ auf den Markt, konnte sich dort mit seinem gewöhnungsbedürftigen Hefe-Geschmack aber nie durchsetzen. Die Brauerei hielt es einige Jahre künstlich am Leben, stellte es schließlich aber doch ein. Ganz anders das Kristallweizen: Das Weißbier ohne Hefe ist laut Brauerei beliebter denn je.

Die Schreiber sind Sammler

Die drei Autoren Sägmüller, Mauch und Röther sind Sammler. Jeder von ihnen nennt tausende „Brauereiartikel“ sein eigen. In ihrem Büchlein zeigen sie jene, die etwas mit Kristall-Weizen zu tun haben. Eine erfrischende Design-Zeitreise mit wenig Text. Die Palette reicht hier von zig verschiedenen Weizengläsern, über Flaschen und Bierdeckel bis Fasnets-Abzeichen. Die drei Autoren schreiben: „Wenn man sich eine Etiketten-Sammlung anschaut, wundert man sich, wie oft das Design gewechselt hat.“ Sie wissen, dass es „für die einen völlig unbeachteter Müll, Altpapier“ ist, aber Sammlerherzen würden beim Anblick mancher Bieretiketten nun mal höher schlagen.

Was nicht im Buch steht

Zurück zum Bier und zum Buch. Als „erfrischend“ wurde das Kristall-Weizen in den vergangenen 100 Jahren fast durchgehend beschrieben. Das jetzt erschienene Büchlein hätte etwas mehr Frische beziehungsweise Würze noch gutgetan, zum Beispiel durch weitere Seiten über andere Kristallweizen-Hersteller. Die soll es, auch wenn eingefleischte Farny-Fans für die Nachahmungen nur Verachtung übrig haben, ja tatsächlich geben.

Weshalb sich für Kristall-Liebhaber ein Blick ins Buch lohnt

Fazit: Der reich bebilderte Aufsatz von Sägmüller, Mauch und Röther ist unkritisch, bis an die Grenzen des Kitsch. Es sind die Kuriositäten, Eigenheiten und Einzigartigkeiten, wegen denen sich ein Blick in dieses Büchlein lohnt – zumindest für Liebhaber des hefefreien Weizens. Und die haben sich dem Bierabsatz der Edelweißbrauerei zufolge in den vergangenen 100 Jahren ja stets vermehrt.

06.05.2022

Brauerei-Geschichten von Aulendorf bis Gaisbeuren

Schwäbische Zeitung: Rudi Heilig

Paul Sägmüller legt sein 19. Buch auf – Spannende Geschichten um Brauerei-Gaststätten

Dörfliche Gaststätten prägten im 20. Jahrhundert Straßen und Ortsbilder. Ursprünglich hatten auch fast alle ein eigenes Braurecht. In neuerer Zeit sind diese wirtschaftlich eng mit den inzwischen überörtlich ausliefernden Brauereien verbunden. Wirtshäuser dienten aber auch nicht nur der Einkehr der Bürger, sie hatten auch Funktionen der örtlichen Gemeinschaft wahrzunehmen. So waren sie auch Gerichtsstätte, dienten als Versammlungsorte der Städte und Gemeinden und waren daneben obligatorisch Gastgeber für Genossenschaften und Vereine. Deshalb waren zu dieser Zeit auch noch keine Vereinsheime nötig. Als unermüdlicher Sammler hat der Bergatreuter Paul Sägmüller aus Werbung der Wirtschaften, historischen Zeitungen, Postkarten, Emailschilder und allen erdenklichen Trinkgefäßen, Flaschen und Bierdeckeln Infos zusammengetragen und dutzende Zeitzeugen befragt. So entstand innerhalb eines Jahres sein bereits 19. Buch mit dem Titel „Bier-, Brauerei- und Wirtschafts-Kunde“.

Unterhaltsame Bier-Geschichten

„Allerhand Bier-Geschichte(n) aus dem Kreis Ravensburg (Teil 3)“ lautet der Untertitel. Es beleuchtet 15 Brauereien in Aulendorf und der vier Ortschaften, Reute, Kümmerazhofen, Gaisbeuren und Michelwinnaden. Nicht zu kurz kommt dabei die Historie der entsprechenden Gaststätten. In Aulendorf hatte die Familie Königsegg bereits seit dem Jahre 1682 das Marktrecht und den Brauereibann. Letzterer sicherte dem Grundherren das alleinige Recht zum Bau und Betrieb einer Brauerei und zwang seine Untertanen, ihr Bier nur von dort zu beziehen. Gefallen ist dieser Brauereibann um das Jahr 1850. Bereits ein paar Jahre später stand im Waldseer Wochenblatt unter „Aulendorf, Gerichtsbezirk Bad Waldsee“ die Mitteilung, dass „ein zweistöckiges, gemauertes Wohn- und Gasthaus ‚Zum Rad‘ mit eingerichteter Bierbrauerei“ zum Verkauf steht. Nach mehreren Wechseln übernahm im Jahre 1913 Josef Schmid , zunächst als Pächter, ein paar Jahre später konnte er das Gasthaus erwerben. Heute wird das „Rad“ von der Familie Spähn (ein Nachfahre von Schmid) als „Wirtshaus mit uriger Atmosphäre“ erfolgreich betrieben.

Bierbrauen ist kein Relikt vergangener Zeit

Im neuen Buch recherchiert Sägmüller auch die Geschichten von weiteren neun Aulendorfer Brauereien. Die bekannteste und größte war sicherlich das Brauhaus Aulendorf, welche im Jahre 1968 den Betrieb einstellen musste. Dass auch in heutiger Zeit eine Brauerei gegründet werden kann, beweist der gelernte Brauer Florian Angele . Seit dem Jahre 2011 braut sich Angele in die Herzen der Leserschaft der „Schwäbischen Zeitung“ und wurde von ihnen zum Lieblingsgründer gekürt.

Interessante Aufarbeitung

Zwei Brauereien gab es einst in Reute. Einmal die „Brauerei und Gasthaus zum Hirsch“. Hier war Josef Keßler der letzte Bierbrauer. Noch vielen in Erinnerung ist das Wirtshaus-Ehepaar Emma und Hans Maucher. Einer Dokumentation aus dem Jahre 1853 ist zu entnehmen, dass beim Gasthaus „Stern“ sich auch eine separat stehende zweistöckige Brauerei mit Brennerei befand. Im Jahre 1924 ging das Anwesen in die Hände von Theresia und Hermann Schuhmacher. Der nächste Generationenwechsel erfolgte im Jahre 1958: Tochter Irmgard und ihr Mann Karl Hörmann haben „das Ruder übernommen“. Seit 1990 hat Sohn Hermann mit seiner Frau Annette die Führung des Gasthauses inne. Bei der „Räuberhöhle“ in Kümmerazhofen befand sich einst neben einer „Schenk- und Speisewirtschaft“ bis zur Jahrhundertwende anno 1900 auch eine Brauerei. Christof Saez, ein sehr umtriebiger Mann, ist vielen noch als letzter Gastwirt in Erinnerung. In Michelwinnaden gab es bis zum Jahre 2011 den Gasthof „Zum Löwen“. Auch hier wurde in früheren Zeiten Bier gebraut.

Die Geschichte des „Adler“ in Gaisbeuren

Bereits in einer Urkunde von 1481 wird der „Adler“ in Gaisbeuren als Bannwirtschaft beschrieben. Dieses bedeutete, dass das Gasthaus der verlängerte Arm der Regierung war. Breits nach dem 30-jährigen Krieg dürfte hier eine Brauerei eingerichtet worden sein. Im Jahre 1911 wurde die Brauerei und Mälzerei um einen Eiskeller ergänzt. Nach dem Tod von Josef Stützle im Jahre 1928 haben dessen Töchter Berta, Maria und Rosa die Wirtschaft und Brauerei weitergeführt. Im Jahre 1946 heiratete Berta Stützle Matthias Bösch. Da nach dem Zweiten Weltkrieg kleine Brauereien nicht mehr rentabel produzieren konnten, wurde 1953 der letzte Sud gekocht. Die Mälzerei wurde bis 1976 weitergeführt. Im Jahre 2013 hat der heutige Adlerchef Alexander das Hotel seiner Eltern Josef und Marianne Bösch übernommen. Auf 108 Seiten darf sich der Leser auf eine reichbebilderte und spannende Buchausgabe freuen.

11.11.2020

Heimatkundler Paul Sägmüller bringt Buch über Bier raus

Schwäbische Zeitung: Wolfgang Heyer

Der Titel: „Waldseer Bier -, Brauerei- und Wirtschaftskunde – Geschichte(n) aus der Zeitung“ 
Das ist die positive Nachricht des Tages: Der Heimatkundler Paul Sägmüller hat die Corona-Zeit genutzt, um ein neues Buch fertigzustellen. Seit dem Jahr 2010 arbeitete der Bergatreuter an „Waldseer Bier -, Brauerei- und Wirtschaftskunde – Geschichte(n) aus der Zeitung“. Nun ist das 214 Seiten starke Werk im Selbstverlag erschienen.

Wie viele Brauereien gab es früher in Waldsee?

Wie viele Brauereien hat es früher in Waldsee gegeben? Welche Biersorten wurden ausgeschenkt und in welchen Wirtschaften wurde das Bier getrunken? Mit diesen Fragen hat sich Sägmüller in den vergangenen Jahren befasst und unzählige Stunden im Stadtarchiv in Bad Waldsee verbracht. „Ich habe alle Zeitungen von 1833 bis 1925 durchgeschaut“, sagt der Buchautor und zeigt damit auf, wie intensiv seine Recherchearbeit ausgefallen ist. Wie Sägmüller berichtet, hat er die Zeitungen nach Schlagzeilen und Anzeigen hin durchstöbert: „Die Wirte haben ja regelmäßig inseriert: Gesellschaftstage, Metzelsuppen, Hochzeiten, diverse Veranstaltungen und natürlich zur Fasnet. Die einen haben viel inseriert, die anderen fast gar nicht. Daher sind diese Infos aus der Zeitung teilweise recht lückenhaft und man muss oft ein wenig zwischen den Zeilen lesen, um seine Schlüsse zu ziehen.“

Gespräche mit Zeitzeugen

Und damit nicht genug der Schwierigkeit: Wurde er fündig, fotografierte er die entsprechende Textstelle. Rund 3000 Bilder brachte er von seinen Stadtarchiv-Besuchen mit nach Hause. Die Archivierung kostete Sägmüller nochmals etliche Stunden. Darüber hinaus unterhielt sich der Heimatkundler mit Zeitzeugen der jüngsten Vergangenheit sowie Nachkommen von damaligen Wirtshäusern und Brauereien. Der bekannte Waldseer Seniorwirt des Hasen, Fritz Klingele, gewährte ihm außerdem einen Einblick in sein Privatarchiv. Und nicht zuletzt hat sich Sägmüller mit Postkartensammlern getroffen, um weitere Details über die damalige Bier- und Brauereisituation in Waldsee in Erfahrung bringen zu können.

Band 2 schildert Kuriositäten

Der nun veröffentlichte Band 1 widmet sich der Situation in der Altstadt. Zu einem späteren Zeitpunkt wird noch ein zweiter Band erscheinen, der die Wirtschaftskunde rund um Waldsee beleuchtet und zudem einige Raritäten bereithält. Denn während seiner Zeitungslektüre fielen Sägmüller diverse Kuriositäten auf, die im zweiten Band nachzulesen sind. „Es gab beispielsweise mal ein Frau mit zwei Köpfen, die in Waldsee aufgetreten ist“, weckt der Oberschwabe Leseinteresse. So hart die Pandemie die Künstler auch getroffen hat, Sägmüller hat versucht dieser Zeit auch etwas Positives abzugewinnen. „Während der Corona-Krise hatte ich mehr Zeit und die habe ich genutzt, um das Buch fertig zu machen.“ 250 Exemplare umfasst die erste Auflage. Wer bis zum 31. Dezember bestellt, erhält das Buch versandkostenfrei. Damit will Sägmüller in Corona-Zeiten eine kleine Freude schenken.